CSD – immer noch aktuell und wichtig.
Als politische Demonstration, oft mit einem politik-bezogenen Motto, zeigt sich der CSD meist in Form von Demonstrationsparaden und einer anschließenden Kundgebung. Oft wird die Kundgebung von Künstlern und Politikern mit Auftritten auf der Bühne unterstützt. Zusätzlich zur wichtigsten politischen Botschaft des CSD, wird natürlich auch gefeiert.
Das Zeichen weltweit ist die Regenbogenfahne. Sie steht in zahlreichen Kulturen für Aufbruch, Veränderung und Frieden, sie gilt als Zeichen der Toleranz und Akzeptanz, der Vielfalt von Lebensformen, der Hoffnung und der Sehnsucht. Schon in den Zeiten der Bauernkriege wurde dieses Symbol dargestellt.
Dieses Feiern des eigenen Lebensstils begründet sich aus dem Ursprung des CSD: Die Beteiligten zeigen oft demonstrativ, dass sie stolz auf sich, ihr Leben und ihre sexuelle Identität sind.
Neben der CSD-Parade und den Abschlusskundgebungen gibt es ein- bis mehrtägige Straßenfeste und Kulturwochen mit bekannten Künstlern, politischen Veranstaltungen, Vorträgen, Lesungen und natürlich Partys.
Das Thema Armut spielt allerdings auch eine immer größere Rolle im Trubel der Feiern.
Laut aktuellen Studien und Berichten steigt die Armut unter homosexuellen Menschen in Deutschland. Dies liegt zum Teil daran, dass sie oft Diskriminierung am Arbeitsplatz erfahren und dadurch weniger Chancen auf gute Jobs und gerechte Bezahlung haben. Zudem gibt es auch spezifische Kosten, die mit der LGBTQ-Identität einhergehen, wie zum Beispiel für medizinische Behandlungen oder psychologische Unterstützung.
Auch für lesbische, schwule und transgeschlechtliche Flüchtlinge ist die Lage oft besonders dramatisch – nicht nur auf der Flucht, sondern auch nach ihrer Ankunft. Sie haben in ihren Heimatländern wegen ihrer sexuellen Identität vielfach Gewalt erlitten. Diskriminierungen gehen in Flüchtlingsheimen hierzulande weiter. Und auch wenn Homosexualität als Asylgrund gilt, ist die Anerkennung für viele noch sehr schwierig. Aber auch für viele deutsche LSBTI-Bürger ist der Kampf um ihre Rechte noch nicht ausgefochten.
Wer kennt nicht die Bilder und Filme von Särgen, von Toten am Straßenrand, von Menschen, die verletzt im Stacheldrahtzaun hängen oder von den unzähligen errichteten Lagerstätten der Flüchtlinge im alltäglichen Bild vieler Länder.
70 Verfolgerstaaten mit homophobem Strafrecht
- Sieben Staaten, in denen LGBTQ von der Todesstrafe bedroht sind (Iran, Jemen, Mauretanien, Saudi-Arabien, Sudan, Teile von Nigeria und Somalia).
- Muslimische Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas, die einen homogenen homophoben Block bilden.
- Ehemalige britische Kolonien mit mehrheitlich homophobem Strafrecht, das meist aus der Kolonialzeit tradiert wurde.
- Ehemalige französische Kolonien, die entweder entkriminalisiert (Gabun, Madagaskar, Indochina) oder das koloniale Strafrecht beibehalten haben (Libanon, Senegal oder Togo).
- Der afrikanische Block mit Strafgesetzen in über 30 Staaten (rühmliche Ausnahme Südafrika, dem eine Vorbildfunktion zukommt).
- 20 asiatische Staaten, die Homosexuelle strafrechtlich verfolgen.
- Zehn karibische (englischsprachige) Inselstaaten, in denen homosexuelle Handlungen verfolgt werden.
Menschen, die vor Krieg, Hunger, sexueller Unterdrückung und wirtschaftlichem Elend geflohen sind, kommen in ein fremdes Land und werden hier mit unserer Kultur und Lebensweise konfrontiert und sind teilweise nicht in der Lage, diese zu verstehen bzw. auch zu leben.
Dieser Weg der Integration aber auch sexueller Aufklärung wird noch sehr lange anhalten.
Unser Verständnis von Lebenskultur und die daraus folgenden emotionalen Ausbrüche bei den Geflüchteten sind vielfach neu und stoßen nicht selten bei vielen Bürgern auf Verwirrung und Ablehnung.
All das unter “Kontrolle” zu halten, ist eine Mammutaufgabe, die nur im Miteinander, niemals im Gegeneinander gelöst werden kann!
Jeder, der Krieg, Verfolgung und Vertreibung in seiner Heimat entkommen ist und in Deutschland nach Schutz sucht, soll und muss ihn bekommen. Das ist unsere Verpflichtung an alle, die unterdrückt werden. Das ist gesetzlich garantiert, und es ist vor allem unsere mitmenschliche Pflicht.
Wer flieht, hat dafür gute Gründe. Dies gilt besonders für lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche und intersexuelle Menschen (LSBTI), die in ihren Herkunftsländern Verfolgung und Gewalt seitens des Staates, der Familie oder der Gesellschaft erfahren mussten. In über 70 Staaten der Erde droht LSBTI-Personen Gefahr für Freiheit, Leib und Leben.
Weltweit, aber auch in Deutschland erleben wir wieder Ausgrenzung, Diskriminierung, Hass bis hin zu tätlichen Übergriffen.
In Deutschland angekommen, ist für viele die Flucht noch nicht vorbei. Zu der existentiellen Unsicherheit, die mit den oft langwierigen und schwierigen Asylverfahren verbunden ist, kommen Erfahrungen von Rassismus, aber auch von LSBTI-Feindlichkeit hinzu. Besonders in Flüchtlingsunterkünften und Integrationskursen scheinen Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen eher die Regel als die Ausnahme zu sein.
Zur Unterstützung der geflüchteten LSBTI-Personen haben sich aus der queeren Szene, aber auch seitens anderer gesellschaftlicher Akteure, in ganz Deutschland eine ganze Reihe von Initiativen gegründet, die psycho-soziale Beratung leisten, die Räume zur Begegnung bieten und geflüchtete LSBTI-Personen während des Asylverfahrens begleiten. Hierbei werden auch immer mehr geflüchtete Personen Teil dieser Initiativen oder bilden erste eigene Strukturen der Geflüchteten-Selbsthilfe.
Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, dass der CSD nicht nachlässt in den Bemühungen, für die Rechte aller LSBTI einzutreten.
Ich wünsche allen, die sich mit großer Verantwortung für das Wir entscheiden, Erfolg und weiterhin Kraft und gutes Gelingen, sowie eine nie versiegende Kraft und Zuversicht!
@Thomas de Vachroi
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