Laudatio zur „KnuddelAward“ Verleihung vom 2.04.2015 im MOA Hotel Berlin in der Kategorie – Beste Medien und Öffentlichkeitsarbeit –
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Preisträger und Nominierte,
manches von dem, was sich gerade zwischen den Medien des Landes und dem Publikum vollzieht, trägt die Züge eines ziemlich brutalen Scheidungskrieges. Es hagelt Vorwürfe, mal berechtigte, mal unberechtigte, oft schrecklich pauschale.
Die einen, die Publikumsvertreter, rufen: Propaganda, Kampagne, Verschwörung.
Die anderen, die Medienvertreter, rufen zurück: Shitstorm, Trolle, digitaler Mob.
Was wollt ihr denn mit uns diskutieren und uns kritisieren, wenn Euch doch so offenkundig die nötige Portion Herzensbildung fehlt und ihr nicht mal die einfachsten Regeln der Kommunikation beherrscht?
In dieser Situation der Medienverdrossenheit auf der einen Seite und mitunter auch der Publikumsverdrossenheit auf der anderen Seite gibt es – wie in jedem Moment der Eskalation – keine einfachen Rezepte, aber es gibt diejenigen, die auf indirekte Weise und eben deshalb vielleicht besonders wirksame Weise für die eigene Arbeit und für die eigene Branche werben.
Die darauf setzen, dass die Intelligenz der Community, ihrer Praxis, gleichsam subkutan Wirkung entfaltet. Und damit bin ich bei den vier Nominierten in der Kategorie Medien und Öffentlichkeit.
Radio Uferlos 92,4,
der erste Nominierte, zeigt uns mindestens im Wochentakt seiner Radioauftritte, was Radio Journalismus kann, nämlich einordnen, erklären, auf gleichermaßen präzise und unerschrockene Weise Hintergrund liefern.
Und dies in einer großen thematischen Breite, nämlich Sprachrohr weit über die Grenzen Bayerns hinweg, für die Community zu sein. Ratschläge, Hinweise, Veranstaltungsaufrufe, Hilfeleistung für Projekte im Aids Bereich und vieles mehr. Den Radiomoderatoren ist es zu verdanken, das man sie immer noch hört.
Das Magazin Hinnerk,
der zweite Nominierte, das einst Schwule Stadtmagazin Hamburgs das bereits schon über 20 Jahre, haben sich zu einem nicht mehr wegzudenkenden Magazin über die Grenzen Hamburgs hinaus erfolgreich entwickelt.
Die Internetpräsenz ist vielseitig und informativ und die Community kann stolz darauf sein, solch ein Magazin für sich in Anspruch zu nehmen.
Sie parliert mit Porträts, Essays und Analysen im Bereich der Schwul-lesbischen, Transgender Lebenswelt, aber auch die Politik kommt nicht zu kurz. Es ist die richtige Mischung aus Nähe und Distanz und der unermüdliche Einsatz für Toleranz und Akzeptanz.
In diesem Themenfeld bewegt sich auch die dritte Nominierung.
Das Magazin Siegessäule Berlin,
die bereits ihr 30 jähriges Bestehen feiern konnten und zu Berlin gehören wie die Gleichnamige Siegessäule im Tiergarten.
Wie viel Zeit, Engagement und Wissen man braucht, aber auch wie viel dramaturgische Phantasie, um dann die eigene Einsicht wieder in Szene zu setzen und aus einer kleinen Zeitschrift eine der Auflagen Stärkste ihrer Art in Europa zu etablieren.
Das große Thema dieses Magazins ist die Aufklärung über Homophobie. Dieses Magazin vertritt nicht nur die Interessen für Schwule und Lesben sowie Transgendern.
Sie ist für alle offen, die sich für das queere Leben interessieren und die Community stärken wollen. In über 700 Geschäften, Bars und Einrichtungen liegt das Heft kostenlos aus.
Es wird ausschließlich über Anzeigenabos finanziert. Der Kraftakt gerade dieser Form der Verbreitung ist enorm und kann nicht genug gewürdigt werden. Dazu kommt die Zweisprachigkeit um auch Touristen die Möglichkeit zu geben Berlin zu erleben, aber auch an Informationsveranstaltungen teilzunehmen und lebendiges queeres Leben kennenzulernen.
Machen wir jetzt einen Sprung von Berlin nach Baden Württemberg:
Das Magazin Schwulst aus Stuttgart-
eine Zeitschrift mit ähnlichem Charakter wie wir es gerade bei Hinnerk und der Siegessäule gehört haben.
Eine Redaktionstruppe die ausschließlich ehrenamtlich die Interessen des queeren Südens mit Informationen, Terminen und Informativen rund um das schwul-lesbische und Transgenderleben bestückt.
Eigenleistung und Mitmachen wird ganz groß geschrieben. Verbindungen zu politischen Mandatsträgern sind wichtig um genau diese Interessen zu bedienen und zu erfüllen.
Man engagiert sich nicht nur rund um den CSD sondern auch tatkräftig in der AIDSHILFE. Der Kampf und Toleranz steht auch bei den Redakteuren ganz weit oben auf der Agenda.
Ein Blick auf die Internetseite verrät es auch dann. Es wäre jetzt zu viel alles zu zitieren aber eines habe ich mir doch herausgepickt –„Ich zitiere:
„Wie wäre es, Menschen zu betrachten als das, was sie sind? Seid tolerant! Jeder möchte angenommen werden, wie er/sie ist und nicht reduziert werden auf einige wenige Punkte – warum reduziert ihr dann die anderen!“
Das geht nicht nur die Community an, sondern alle Menschen, egal welcher Art des Zusammenlebens zelebriert wird.
Das wünsche ich mir auch aus verschiedenen Kreisen der Kirchenjournalisten, die es versäumen Homosexuelle als Menschen zu sehen – die einfach nur leben und lieben wollen.
Es ist wichtig, dass der queere Journalismus der digitalen Gesellschaft die beidseitige Öffnung in Richtung des Publikums benötigt, um das große, weniger ausgewogene organisierte Gespräch führen zu können. Auch wenn es manchmal wehtut. Und das nicht nur wegen ein paar falsch gesetzter Satzzeichen.
Ich möchte Sie nicht zu Homogenen Botschaftern einer Bewegung gegen die Medienverdrossenheit oder zu Rezept-Lieferanten gegen die aktuelle Glaubwürdigkeitskrise stilisieren,
aber ich denke tatsächlich, dass in Ihrer geleisteten und der kommenden Arbeit die Leitlinien enthalten sind, um die momentanen gestörten Beziehungen von Teilen der Bevölkerung weltweit zu benennen und vielleicht auch in naher Zukunft zu beenden.
Die harte aber auch Kräftezehrende Arbeit, die ihre Magazine erst erkennbar machen, die brisanten Themen (wie z.B. aktuell: Pegida wirf Schwulen und Lesben Terror vor oder aber die Petition zur Tötung von Homosexuellen in Amerika)- die die journalistische Arbeit, die so nur von wirklichen Profis geleistet werden kann, die Kompetenz der Themenauswahl in Kombination mit dramaturgischem Einfallsreichtum erwächst schließlich der Dialog. Das sich Berühren lassen von der Weltsicht des anderen – das sind die Prinzipien, die sich für mich aus der Recherche Ihrer Arbeiten ergeben haben. In einem Satz und damit wirklich zum Schluss:
Man kann seine Berufung auch feiern, indem man sie auf eine solche Weise ausübt. Ich beglückwünsche Sie herzlich dazu.
Textrechte: ©Thomas de Vachroi
Ort: Hotel MOA Berlin
Veranstalter: Sascha Stuhldreher
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