Was ist mir heilig?
Dies war das Thema der Auftaktveranstaltung der deutsch-islamischen Akademie und dem Institut Kirche und Judentum an der HU in der Kapelle der Gedächtniskirche zu Berlin.
Ein Thema, das viele Menschen bewegt, das aber auch viele Fragen aufwirft.
Ist es die Natur, der Mensch oder ist es letztendlich das Wasser, wie es Imam Ender Cetin klar ausdrückte, denn ohne Wasser existieren wir nicht – deswegen ist das Wasser heilig!
Die Mitdiskutantin Rabbinerin Ulrike Offenberg bezog sich allerdings ausschließlich auf den Menschen und Dr. Andreas Götze, interreligiöser Pfarrer der EKBO, bezog sich auf die Lebendigkeit des Seins.
Nun, über Ansichten lässt sich ja bekanntlich trefflich streiten und doch hat man den Eindruck gewonnen, dass alle drei Diskutierenden im Endeffekt das Leben an sich als heilig betrachten!
Durch die Moderatorin Pfarrerin Theresa Dittmann, ebenfalls von der EKBO, wurden die Fragen sehr zielgerichtet formuliert und brillant von den Diskutanten beantwortet.
Neben dem Thema der Heiligkeit des Menschen wurde aber auch der Gegensatz des Unheiligen formuliert.
Das Unheilige des Menschen sprengte dann mehr oder weniger den Zeitrahmen.
Wir sind eben mehr Unheilig als heilig und das liegt in der Natur des Menschen. Es wurde dann auch von Imam Cetin klar das Beispiel Kain und Abel gebracht oder von der Rabbinerin die Schlange und der Apfel und von Dr. Götze das Materielle und Immaterielle und nicht zuletzt auch das Missachten der Würde des Menschen.
Die Menschheitsgeschichte begann mit dem Auszug aus dem Paradies und mit einem Mord.
„Im Koran wird die jüdische Überlieferung des Zwei-Brüder-Motivs unterschiedlich geschildert: Beide Söhne Adams brachten jeweils ein Opfer dar, wovon lediglich das des jüngeren angenommen wurde. Als der ältere Bruder dem jüngeren deswegen mit Mord drohte, erwiderte dieser, keine Gegenwehr zu leisten, da nur Gott zu fürchten sei. Der Lohn des Ungerechten sei die Hölle, und als Mörder müsse der Bruder dort beider Sünden verbüßen. Davon unbeeindruckt, erschlug der Ältere den Jüngeren (Sure 5, 28–31).“
„In Gen 4,1–24 findet sich die biblische Erzählung über Kain und Abel, die ältesten Söhne Adams und Evas. Kain, der Ackerbauer, war neidisch auf seinen Bruder Abel, den Hirten, weil Gott dessen Opfer vorzog. In der Folge kamen ihm böse Gedanken, er hörte nicht auf die Ermahnungen Gottes und erschlug schließlich seinen Bruder. Damit wurde er laut Bibel zum ersten Mörder. Kain wurde für seine Tat von Gott verstoßen, jedoch als Zeichen für den weiteren Schutz durch Gott mit dem so genannten Kainsmal versehen. Die Erzählung von Kain und Abel folgt in der Bibel direkt auf die Geschichte vom Sündenfall. Beide Erzählungen sind parallel gestaltet. Während jedoch in der ersten Erzählung ein „vertikales“ Vergehen beschrieben wird (Menschen vergehen sich gegen Gott), wird nun ein „horizontales“ Vergehen beschrieben: Menschen töten sich gegenseitig.“ Quelle: dewiki.de
Durch die genannten Beispiele kam dann die Diskussion so richtig in Fahrt. Viel Zeit nahmen die Gespräche rund um unser jetziges Dasein in Anspruch. Kritisch und schonungslos wurde das Leben, so wie wir es jetzt leben, klar und deutlich definiert!
Das Unheilige wurde von Imam Ender Cetin mit einem Satz klar beantwortet: Wir führen Krieg gegen Gott! Wir zerstören das, was uns lieb und teuer ist, wir verunreinigen die Natur und das Wasser, was uns eigentlich heilig sein sollte. Wir kehren ab vom Ursprung unseres Seins!
Es bedarf noch großer Aufklärung bei seinen Glaubensbrüdern und gleichermaßen die Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs. Nur gemeinsam können wir das Leben bestreiten und dem Leben Sinn geben! Kriege, Umweltzerstörung und Vernichtung der Lebensgrundlagen ist nicht im Sinne Gottes! Es fehlt zudem ein wichtiger Dialog in Bezug auf Tierschutz und Naturschutz.
O-Ton: Er sieht auch im Koran nichts Heiliges und auch nicht im Gebetsteppich, sondern nur das Wasser.
Deswegen soll man sich vor dem Gebet mit Wasser benetzen und symbolisch reinigen. Wir befinden uns im Chaos und einer Verderbtheit!
Das Bittgebet lautet: Mit der Kraft des Heiligen Geistes möge Allah uns leiten!
Nach den Formulierungen von Rabbinerin Ulrike Offenberg gibt es nur den Begriff Heilig oder als „Gerechte“ und nicht Unheilig. Das Heilige ist raumbezogen und beinhaltet den Alltag, wie z.B. den Shabbat, sowie die Feiertage und die Beziehungen untereinander.
Sie formuliert es mit der Aspiration des Heiligwerdens in der Gemeinschaft. Auch das Arbeitsrecht und die Landwirtschaft werden als solches angesehen. Für uns als jüdische Gemeinden muss aber auch der Aspekt Natur auf den Prüfstand sowie die grenzenlose Ausbeutung unserer Umwelt. Ebenso ist es wichtig, den Tunnelblick Einiger zu verändern, was die Loyalität gegenüber dem Staates betrifft, sowie auch die Konsequenz des nichtgelebten Lebens. Der Mensch ist unvollkommen und man hat Angst vor einem Miteinander. Die Abgrenzung und Ausgrenzung gegenüber anderer Gemeinschaften muss neu gedacht werden.
O-Ton: Mit einer Umkehr würden wir Vergebung erlangen
Dr. Götze geht einen Schritt weiter bei der Heiligkeit.
Der Mensch ist der Tempel des Heiligen Geistes. Zu Gott gehörig nimmt er Anteil an der Würde und ständigen Prüfungen. Das ganze Leben besteht aus einem „ständigen Gottesdienst“ und bildet den Raum für die Gnade des Empfangens. Nach Luther bedeutet das: Gott will keine faulen Müßiggänger haben- das Wirken muss Rechtschaffen sein.
Sonntag ist ein Geschenk und man soll das Leben feiern. Lebe was Du bist.
Das Unheilige aber ist die Zerstörung der Heiligkeit des Menschen, die Zerstörung der Natur, das Sammeln von Dingen, die Menschen nicht brauchen – im Gegenteil, sie verdunkeln unseren Geist!
Auch ethische Glaubensrichtungen bedeuten Ausgrenzung.
Wir müssen dem Leben wieder mehr Vertrauen und unser Mißtrauen abbauen, um gemeinsam das Leben wieder zu erkennen! Leben und Liebe muss dem Hass weichen!! Ob nun Gottvertrauen oder nicht. Alle Menschen vertrauen auf das Leben und die Gaben der Natur.
Was aber nehmen wir mit aus solch einer Veranstaltung?
Ich für meinen Teil habe verstanden, dass es grundsätzlich um die Menschheit geht und das wir im Glauben oder Nichtglauben den Weg des Lebens gemeinsam gehen. Keine Missionierung oder auch verbohrte Ansichten der drei Glaubensrichtungen waren zu spüren – ganz im Gegenteil, ich war froh dabei gewesen zu sein und ich freue mich auf ein Mehr dieser Veranstaltungsreihe!
Danke an die drei Diskutanten und an die hervorragende Moderation.
Danke auch an die deutsche Islam Akademie unter Pinar Cetin und an das Institut Kirche und Judentum an der HU unter Bernd Streich.
Es handelt sich bei diesem Artikel um Wortauszüge aus der Veranstaltung. Die Wortbeiträge können hier nicht Detailgetreu wiedergegeben werden.
©Thomas de Vachroi
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