Cholesterin – Freund oder Feind?
von:Felix Gussone
Cholesterin ist ein lebenswichtiger Bestandteil unseres Körpers.
Viel bekannter sind jedoch seine negativen Auswirkungen auf Gefäße und Gesundheit. Aber ist Cholesterin wirklich so ungesund und “gefährlich”? Darf ich morgens mein Ei ohne schlechtes Gewissen essen? Wie reguliert mein Körper den Cholesterinwert und kommt wirklich der Großteil über die Nahrung? Diese und weitere Fragen rund um Cholesterin beantwortet Felix Gussone für Yahoo! Nachrichten.
Als Forscher im Ägyptischen Museum in Kairo für eine Studie 20 Mumien untersuchten, entdeckten die Wissenschaftler bei einigen der 3.500 Jahre alten Körper Folgendes: Bei den Mumien zeigten sich in der Computertomographie Ausprägungen der Arteriosklerose in den Gefäßen und Defekte im Herzgewebe. Bereits damals gab es chronisch zerstörerische Prozesse im Körper. Dem Cholesterin wird in diesem Zusammenhang häufig eine schlechte Rolle zugeschrieben, als ungesunder Stoff aus tierischen Lebensmitteln, der unsere Gefäße verkalken lässt und uns krank macht.
Ohne Cholesterin kein Leben
Aber das stimmt so nicht: Ohne Cholesterin kein Leben! Die Gesundheit unseres Körpers hängt entscheidend vom Cholesterin ab. Cholesterin bildet etwa den wichtigsten Bestandteil der Körperzellen – ihre stabile Hülle – und sorgt dafür, dass sie nicht zerfließen oder platzen. Eine weitere Verwendung findet das Fett Cholesterin außerdem bei den Hormonen: Es ist die Grundsubstanz für die Synthese von weiblichen (Östrogen) und männlichen (Testosteron) Geschlechtshormonen.
Zum Großteil vom Körper produziert
Weil das Cholesterin so wichtig für alltägliche Prozesse unseres Organismus ist, wird es nicht – wie oft fälschlicherweise vermutet – zum größten Teil über die Nahrung zugeführt sondern vom Körper selbst produziert. Nur 25 Prozent des Cholesterins wird mit dem Essen zugeführt. 60 bis 75 Prozent des Cholesterins im Blut stammen hingegen aus Eigenproduktion, die hauptsächlich in der Leber stattfindet. Einmal gebildet wird das Cholesterin dann in den Darm abgegeben und dort wieder aufgenommen – es entsteht ein richtiger Cholesterin-Kreislauf im Körper.
Cholesterinspiegel durch Diäten nur geringfügig beeinflussbar
Was zeigt uns das? Schon hier wird klar, dass eine cholesterinarme Diät den Cholesterinspiegel nur teilweise beeinflussen kann, denn die überwiegende körpereigene Produktion wird durch eine Diät nicht beeinflusst. Außerdem: Kommt das Cholesterin in großen Mengen von außen in den Körper, durch ein deftiges Mahl etwa, dann reduziert unser Organismus in der Regel die Eigenproduktion. Auf diese Weise sollten die Cholesterinwerte im Blut konstant bleiben. Damit dieser Regulierungsmechanismus jedoch nicht zu stark strapaziert wird, empfiehlt die Deutsche Lebensmittelgesellschaft eine Cholesterinzufuhr, die 300 mg am Tag nicht überschreiten sollte.
Besonders viel Cholesterin ist in tierischen Nahrungsmitteln enthalten: Schmalz besteht nur aus tierischen Fetten und ist eine wahre Cholesterinbombe. Doch auch Schalen- und Krustentiere, also Muscheln oder Krebse, enthalten einen hohen Prozentsatz an Cholesterin. Anders als Fleisch liefern sie aber zusätzlich gesunde ungesättigte Fettsäuren. Diese findet man sonst eigentlich nur in Fisch und Pflanzenölen. Hier wird deutlich: Es ist falsch, Lebensmittel als „gesund” oder „ungesund” zu deklarieren, nur weil sie wenig oder viel Cholesterin enthalten.
Warum dann die “Angst” vor Cholesterin?
Die medizinische Forschung der letzten Jahrzehnte hat eindeutig gezeigt: Cholesterin spielt neben weitern Risikofaktoren eine große Rolle bei der Entstehung von Verengungen und Verkalkungen in unseren Arterien – kurz Arteriosklerose. Mit Herzinfarkt oder Schlaganfall als Folgen ist die Ateriosklerose sicherlich eine ernstzunehmende Erkrankung, deren Entstehung es zu verhindern gilt. Cholesterin sollte man in diesem Zusammenhang, wenn ärztlich verordnet, individuell auf den Patienten angepasst regulieren – dennoch: Vor Nahrungsmitteln Angst zu haben, nur weil sie einen „hohen” Cholesterinanteil besitzen, ist grundsätzlich falsch. Dies hat folgende Gründe:
Erstens sagt der Gesamtwert an Cholesterin nur sehr wenig darüber aus, ob ein Mensch gefährdet ist, an Gefäßverkalkung zu leiden und dadurch einen Herzinfarkt zu bekommen. Vielmehr kommt es auf die Art des Cholesterins an: Hier unterscheidet man zwischen HDL („gutes”) und LDL („schlechtes”) Cholesterin. Ein hoher HDL-Wert soll sogar einen gewissen Schutz vor Erkrankungen des Herzkreislaufsystems mit sich bringen. Wenn der LDL-Wert erhöht ist wird vor dem Hintergrund anderer Risikofaktoren medizinisch interveniert.
“Schlechtes” LDL-Cholesterin ist meist in den Lebensmitteln zu finden, die ohnehin schon ungesunde Fette, also gesättigte Fettsäuren und gehärtete Fette enthalten. Hierunter fallen fettreiche Fertiggerichte wie Tiefkühlpizza, Chips oder Erdnussflips sowie Nuss-Nougat-Creme.
Will man den Cholesterinspiegel im Blut selbst annähernd konstant halten, so empfiehlt es sich zum einen die oben erwähnten Cholesterinbomben zu vermeiden. Es gibt aber auch Lebensmittel, die den Cholesterinwert senken können: Ärzte der amerikanischen Harvard-Universität haben in einer Liste Lebensmittel zusammengestellt, die den Ruf haben, schlechte Blutfettwerte zu senken. Beispiele sind Hafer in Form von Haferflocken, Bohnen, Äpfel, Zitrusfrüchte, Soja-Produkte sowie Gerste und anderes Vollkorn.
Zweitens: Die Ernährung allein treibt die Cholesterinwerte nicht in gefährliche Höhen. Neben dem Lebensstil spielt nämlich das Erbgut eine entscheidende Rolle. Es gibt es Fälle, bei denen Fehler in einem bestimmten Gen die LDL-Cholesterin-Werte in die Höhe treiben. Bei der extremsten Ausprägung, der sogenannten familiären (vererbbaren) Hypercholesterinämie, können Herzinfarkte vor dem 15. Lebensjahr auftreten. Wird hier nicht therapiert, sterben die Menschen früh an den Folgen ihres fettigen Blutes.
Die ewige Eierfrage
Über die Eier-Frage lässt sich sowohl am Küchentisch als auch in der Ernähungsmedizin streiten. Neuste Studien zu diesem Thema zeigen jedoch, dass Eier viel weniger Einfluss auf das Cholesterin im Blut besitzen, als zuvor angenommen.
In einer Studie des Biomedical Research Center in Baton Rouge (Louisiana) wurden über acht Wochen das Gewicht und die Cholesterinwerte von 152 übergewichtigen Männern und Frauen kontrolliert. Zuvor hatte man für sie verschiedene Speisepläne erstellt: Die eine Gruppe durfte frühstücken, worauf sie Lust hatte. Für die anderen zwei Gruppen hieß es: Diät – und die bestand für die einen aus zwei Eiern, für die anderen aus einem Bagel zum Frühstück. Acht Wochen später wurde deutlich, dass die Eieresser 65 Prozent mehr Gewicht und 35 Prozent mehr Bauchumfang verloren hatten, als die Bagelköstler. Die Blutfette hingegen waren bei beiden Gruppen gleich. Das Eier-Cholesterin hatte also auch hier keine negativen Auswirkungen gezeigt.
Cholesterinwert ab 35. Lebensjahr bestimmen
Wer über seinen Cholesterinwert im Blut Klarheit haben will, dem steht ab dem 35. Lebensjahr ein von der Krankenkasse übernommener Gesundheitscheck zu, bei dem auch der Gesamt-Cholesterinwert bestimmt wird. Dieser sollte einer Faustregel nach “200 + Alter” betragen, bei einem 35 -jährigen Mann also nicht über 235 liegen.
red. Vachroi-VariAble-Medizin 2012