Die unbequeme Wahrheit der Weihnacht und das Licht des Handelns
Die unbequeme Wahrheit der Weihnacht und das Licht des Handelns
Liebe Freunde und Freundinnen, liebe Unterstützende des Miteinanders,
wir stehen an der Schwelle zum Advent. Die Straßen glänzen, die Fenster leuchten. Wir hören von Stille, von Wundern und der Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Doch ich sage euch: Die Weihnachtsgeschichte beginnt nicht im Glanz, sondern in der Kälte und Not.
Sie beginnt mit einer Familie die in Not ist, mit Menschen die kein Obdach finden, mit Einsamkeit.
Gerade in Berlin, gerade in Neukölln, ist diese biblische Kälte heute spürbar. Während wir unsere Wunschzettel schreiben, ringen andere um eine Mahlzeit, eine warme Decke oder nur ein wenig menschliche Würde. Die Armut trägt im Advent keine Lichterkette. Sie ist leise, sie ist versteckt, und sie isoliert.
„Manche warten nicht auf das Christkind. Sie warten auf eine Tasse Tee, die Wärme hält.“
Deshalb ist das wahre Wunder der beginnenden Weihnachtszeit kein singender Chor, sondern das geöffnete Herz. Die Adventszeit darf nicht zum kollektiven Wegschauen werden, nicht zur Fußnote des Konsums. Sie muss ein radikaler Aufruf zur Achtsamkeit sein.
Wir reden im Moment über den Generationenvertrag, über Lasten und Kosten. Aber der menschliche Generationenvertrag fragt nicht nach dem Kontostand, sondern nach der Nächstenliebe und des Miteinanders.
An dieser Stelle möchte ich von Herzen Danke sagen. Mein besonderer Dank gilt all den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern – in den Wärmestuben, den Tafeln, in den Vereinen und Organisationen, in der lebendigen Nachbarschaftshilfe. Ihr seid das Rückgrat unserer Menschlichkeit. Ihr seid diejenigen, die Woche für Woche, Tag für Tag, oft im Stillen, die Brücken zwischen Licht und Schatten bauen. Ihr seid das lebendige Evangelium, das in Taten spricht.
Ich danke aber auch den Verantwortlichen in der Politik, in den Kirchen und der Wirtschaft, die die Not nicht nur sehen, sondern erkennen. Denen, die begreifen, dass eine funktionierende Gesellschaft nicht nur Bilanzen, sondern auch Herzenswärme braucht. Ihre Entscheidungen sorgen dafür, dass unsere Arbeit nicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bleibt. Wir brauchen Sie, um die strukturelle Kälte in unserer Gesellschaft zu überwinden.
Schauen Sie nicht über die Not und Obdachlosen hinweg. Sehen Sie den Menschen in der Kälte.
Denken Sie an die, denen selbst der geringste Cent zum leben fehlt. Jede Spende, jede warme Mahlzeit, jeder Ehrenamts-Tag in einer Wärmestube ist ein Akt der Gottesliebe.
Geben Sie der Armut eine Stimme. Machen Sie in Ihrem Umfeld, in der Politik, in unseren Kirchen deutlich: Eine Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit ihren wirtschaftlich Schwächsten umgeht.
Das Licht der Kerzen im Advent ist schön. Aber das hellste Licht zünden wir an, wenn wir im Dunkel der Not einer anderen Seele Wärme schenken.
Lasst uns dieses Weihnachten zu einem Fest des Miteinanders machen.
Wir bauen die Brücken zwischen Licht und Schatten nicht allein – wir bauen sie mit vielen Händen.
Ich wünsche Ihnen und euch nicht nur ein besinnliche Advents, – Weihnachtszeit, sondern vor allem die Kraft und den Mut, Mensch zu sein. Amen.
Thomas de Vachroi



