23 Jahre Haft für einen Unschuldigen – bagatellistiert als Justizirrtum
Das Opfer der brutalen Tat war ein Auschwitz-Überlebender, New York verlangte nach dem Täter. Ein Mann wurde schnell gefunden und sitzt seit 23 Jahren in Haft – zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellt.
Mehr als zwei Jahrzehnte nach seiner unrechtmäßigen Verurteilung als Mörder kommt ein New Yorker jetzt frei. Dem 58 Jahre alten David Ranta sei gesagt worden, er solle seine Zelle ausräumen, berichtete die “New York Times” am Mittwoch. Schon am Donnerstag könne der Mann aus dem Gefängnis bei Buffalo ganz im Nordwesten des Staates entlassen werden – nach fast 23 Jahren hinter Gittern als Mörder, obwohl er nie einen Menschen getötet hat.
Es geht um einen missglückten Raubüberfall im Februar 1990. Der Täter schoss einem Rabbi, einem Auschwitz-Überlebenden, in den Kopf, um mit dessen Auto zu fliehen. Obwohl es damals mehr als 2200 Morde pro Jahr in New York gab (im vergangenen Jahr waren es etwa 400), erregte die Tat besonderes Aufsehen. Im August präsentierte die Polizei Ranta als Verdächtigen. Als er zum Gericht gefahren wurden, umringten empörte Bürger das Auto, trommelten auf das Dach und riefen “Todesstrafe, Todesstrafe!”. Ranta bekam 37,5 Jahre.
Die “New York Times” berichtete nun auf ihrer Titelseite von einem umfassenden Polizeiskandal. Nicht nur, dass es keinerlei Beweise gegen Ranta gegeben habe. Die Polizisten hätten zahlreiche Indizien gefälscht. Zwei gefährlichen Kriminellen seien Rauschgift und Prostituierte erlaubt worden, wenn sie gegen Ranta aussagten. Der Mann, der eigentlich ausgeraubt werden sollte, beteuerte, dass Ranta “hundertprozentig nicht” der Räuber gewesen sei. Auch drei andere Zeugen erkannten ihn nicht.
Nur ein fünfter, ein damals 13 Jahre alter Junge. Er sagte jetzt aus, Polizisten hätten ihm vorher gesagt, auf wen er deuten solle. Von Ranta gab es zwar ein Geständnis, das war nach Worten eines Richters aber unter “zweifelhaften Umständen” zustande gekommen.
Der Ermittler beteuerte gegenüber der Zeitung, er habe noch nie jemanden über den Tisch gezogen. Sein Name tauchte aber immer wieder bei Unregelmäßigkeiten auf. Der wahre Mörder hatte am Tag der Tat seiner Frau unter Tränen den Mord gestanden. Er starb bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei – nur Tage vor Rantas Festnahme. Obwohl es immer Zweifel gab, wurde der Fall erst jetzt wieder aufgenommen.
“Ich habe hier in der Zelle gelegen und jede Nacht gedacht: Ich bin der einzige Mensch in der Welt, der weiß, dass ich unschuldig bin”, sagte Ranta jetzt der “Times”. “Ich bin hier mit Mitte dreißig reingekommen, hatte Kinder, meine Mutter lebte noch. Der Fall hat mein ganzes Leben zerstört.” Freue er sich auf die Freiheit nach fast 23 Jahren? “Wenn ich ehrlich bin; es macht mir Angst.” Quelle(dpa)
red. Thomas de Vachroi 2013