In welcher Welt wollen wir leben!
Geschrieben von Marek Rohde
© Copyright Für eine bessere Welt
In welcher Welt wollen wir leben?
Erleben wir derzeit wirklich »nur« eine Wirtschaftskrise? Geht es nur um den Erhalt des Materiellen, um unsere Besitztümer, unsere Arbeitsplätze und unseren Wohlstand? Oder handelt es sich nicht vielmehr um eine Krise, die viel größer ist – eine Krise der Zivilisationen oder noch genauer, eine Krise unserer menschlichen Ideale? Sind wir bereit, diese Ideale unseren Ängsten zu opfern? Ängste die unser gesamtes Leben bestimmen, in guten, – besonders aber in schlechten Zeiten?
Das Fenster der Geschichte, welches seit einigen Monaten offen steht, ist ein kurzer Augenblick in der Weltgeschichte, der es uns ermöglicht umzuschwenken, neue Prioritäten zu definieren und zu beweisen, dass wir als Mensch¬heit überlebensfähig sind. Keine Zeit sich selbst zu bedauern, keine Zeit für Desinteresse, Ignoranz, Selbstsucht oder Habgier.
Wir können der Krise in Angst um unsere materiellen Güter begegnen oder sie als Chance und letzte Aufforderung verstehen, ein neues Weltgewissen und längst fällige Prioritäten zu entwickeln. Was wollen wir? In welcher Welt möchten wir in Zukunft leben? Wir haben es in der Hand. Wer es bis jetzt noch nicht wahrhaben will, der trägt wirklich ein dickes Fell und absolut blickdichte Scheuklappen. Die Geschichte hat es uns doch immer wieder gezeigt was geschieht, wenn wir eine Gesellschaft auf nichts als den Wunsch nach Macht und Geltung, nach eigenen Vorteilen und dem schnödem Mammon ausrichten. Kein Reich, mag es auch noch so groß und prächtig gewesen sein, hatte so eine Chance zu überleben, sondern wurde stattdessen früher oder später niedersten menschlichen Bestrebungen geopfert.
Heute heißt es nicht selten »Der Mensch war schon immer so und wird sich auch nicht ändern…« und »ich muss sehen wo ich bleibe…«, oder »das Leben ist endlich und deshalb will ich so viel wie möglich für mich…« Doch die Wirkungen dieser Lebensphilosophien reichen weiter als wir uns vorstellen mögen und vergiften die Gesellschaft nach und nach, zerstören den Gemeinschaftsgeist und alle Solidarität und sie zeigen unseren Kindern eine trostlose Welt, in der nur der zu überleben und weiter zu kommen scheint, der bereit ist, sich gegen alle anderen zu stellen.
Wie trostlos ist doch die Zukunft, wenn wir sie nur auf das reduzieren was unseren persönlichen Wünschen entspringt. Wie trostlos und nichtig, wenn wir beim Tanz um das goldene Kalb alles das verlieren, was uns doch letztendlich das Wichtigste war. Wir wollen anerkannt sein, und gemocht – vielleicht sogar geliebt werden. Wir wollen, dass unser Leben zu etwas nutze war und ihm einen Sinn geben. Einen Sinn, den wir uns jedoch selbst versagen. Dafür sind wir bereit uns selbst zu belügen, aber auch andere zu täuschen und zu übervorteilen.
Wir schaffen uns aus Angst am Ende leer auszugehen genau die Welt die wir niemals wollten! Wir feiern die Helden in den Filmen, in Romanen oder im Alltag. Menschen die sich für uns einsetzen, die sich nicht anpassen und zu willenlosen Rädern im großen Getriebe machen lassen. Menschen, die sogar bereit sind, persönliche Gefahren auf sich zu nehmen. Auf der Leinwand fiebern wir mit ihnen, den Superhelden, die tief aus unserem Inneren zu kommen scheinen und das tun, was wir vielleicht selbst gern täten. Doch tun wir es selbst auch?
Wohin steuert das Schiff Menschheit?
Wir beklagen den Lauf der Welt und klagen an, beklagen unser Unglück und geben denen die Schuld, denen wir stets vertrauten. Doch jetzt stellen wir fest, das es zu einfach war, alle Verantwortung abzugeben und sich auf »die da oben« zu verlassen. Wir erkennen mehr und mehr die Strukturen und beginnen zu verstehen, dass wir nicht mehr sind als eine knetbare Masse in den Händen derer die unsere Ängste sogar noch weiter schüren.
Doch ist es nicht unsere eigene Schuld, unser eigenes Vergehen und das Resultat unserer eigenen Interessenlosigkeit? Wir könnten durchaus bewegt auf das Leid in der Welt reagieren, doch wütend werden wir anscheinend erst, wenn es an unsere eigene Substanz geht.
Wohin steuert das Schiff der Menschheitsgeschichte? Lassen wir zu, dass es an den Klippen zerschellt, die wir selbst geschaffen haben? Wie viele von unseren Idealen haben wir der Resignation und dem Zynismus geopfert? Geben wir dem System die Schuld oder anderen Menschen? Suchen wir die Schuld für das Versagen der Menschheit bei uns selbst? Und vor allem – was wollen wir dagegen tun?
Vielleicht ist es notwendig, nicht den großen Sprung zu wagen, sondern zunächst einmal bei uns selbst zu beginnen, zu schauen, was wir auf dem Weg ins Heute alles zurück gelassen und verloren haben… Vielleicht sollten wir uns auf unsere ureigenen Wünsche konzentrieren. Wünsche, die ehemals alle in uns steckten und irgendwo in uns noch immer auf unsere Beachtung und auf unsere Taten – warten.
Wir sind nicht lediglich Opfer der Entwicklungen, nicht nur Opfer der »Großen«, sondern wir sind Helfershelfer, ihre Untertanen und Mittäter. Mit dem Finger auf andere zu zeigen, das wäre die einfachste Art sich aus der Affaire zu ziehen. Doch warum erwarten wir allen Ernstes genau von ihnen eine Lösung? Warum erwarten wir, dass sie sich für unsere Belange einsetzen wenn wir es selbst nicht tun?
Ist es eine Sünde?
Ob man nun an einen Gott glaubt oder nicht, spielt auf den ersten Blick keine Rolle. Denn Menschlichkeit bedarf zunächst einmal keiner Religion. Doch wenn wir uns selbst auf den Thron stellen, uns für die Krone der Schöpfung halten und uns niemand anderem als unserem eigenen Gewissen verantwortlich fühlen, dann wird es eng. Denn was geschieht, wenn das Gewissen auf der Strecke bleibt, wenn wir bereit sind, für unsere menschlichen Träume über andere Menschen, über Tiere und Pflanzen, über die Natur und unsere gesamte Welt hinweg zugehen? Wo verankern wir unsere Menschlichkeit, wenn wir sie zum Spielball von persönlichen Interessen machen?
Man mag den Begriff der Sünde für altmodisch, für religiös verquast oder einfach nur für uncool halten. Doch wenn man ihn sich mal aus einer rein menschlichen/mitmenschlichen Perspektive anschaut, dann fällt schnell auf, dass er ziemlich genau die Schandtaten benennt, die wir als Menschen uns und unserer Umwelt antun.
Der Hochmut
Gerade in diesen Tagen, in Zeiten der Krise, wären Solidarität und gegenseitige Anteilnahme so wichtig. Nicht, um sich besser zu fühlen, nein, sondern um den Fragen die unsere Krise hervorgerufen haben wirklich auf den Grund zu gehen. Doch so wie schon vorher stellen sich manche hin und behaupten mit Stolz geschwellter Brust die einzigen Lösungen zu kennen, die uns aus eben dieser Krise heraus helfen können. Es sind dieselben Leute, die noch vor kurzem das Gegenteil behaupteten.
Politiker, Wirtschaftsfachleute, Medienvertreter, aber auch Stammtischredner die alles besser wissen, die sich in stolzer Eitelkeit gegen alle wenden, die ihre Hypothesen bezweifeln. Sie meinen es nicht gut mit uns – auch wenn sie sich dieses vielleicht tatsächlich einreden sondern entscheiden über unsere Köpfe hinweg, und das mit einer Eitelkeit und Ruhmessucht, die in erster Linie nur ihnen persönlich dient.
Geht es wirklich immer nur um uns selbst?
Wenn wir uns auf Menschen verlassen, die sich jetzt mit aller Verächtlichkeit für uns »dumme« Bürger hinstellen und sogar noch bewusst Redlichkeit vortäuschen, nur um sich selbst zu gefallen und ihr Pöstchen zu behalten, dann werden wir am Ende verlassen sein. Keiner von ihnen wird sich hinterher der Verantwortung stellen. Und ausbaden werden es unsere Kinder, unsere Enkelkinder und deren Kinder.
Wir haben die Böcke zu Gärtnern gemacht und wundern uns, dass sie das Feld leer gefressen haben. Wir haben Ihren Hochmut für Kompetenz gehalten. Doch jetzt merken wir, dass sie vielleicht bessere Rhetoriker sind, aber auch nur mit Wasser kochen. Ihren Hochmut gilt es zu erkennen, zu entlarven und auszubremsen, denn mit dieser werden sie uns nicht retten, sondern nur noch weiter ins Chaos führen.
Der Geiz
Jahrelang, nein Jahrzehnte lang, haben wir vom Wohlstand gesprochen, haben Wachstum über alles gestellt. Wir haben gelernt, dass Geiz geil ist und das wir in einer Welt leben, in der es gilt, dem anderen zu übertrumpfen und auszubooten. Wir haben uns ein System aus Hierarchien geschaffen, in denen nicht diejenigen die redlich und ehrlich sind aufsteigen, sondern die Trickser, Illusionisten und Taschenspieler.
Doch wir haben nicht aufgeschrien, als die Bilder aus aller Welt mit den Folgen unserer Habgier zu uns in die Wohnzimmer drangen. Wir haben nicht um die Hundertausende und Millionen geweint die auf der Strecke blieben, die Opfer unserer Kriege und Spekulationen wurden. Der Geiz war wichtiger und hat es sogar geschafft, unsere Herzen vor denen zu verschließen, die die Verliere innerhalb des Systems waren. Oft waren es genau die Menschen die sich nicht anpassen wollten, die standhaft blieben und nicht korrumpierbar waren und deshalb im sozialen Abseits landeten. Sie waren nicht unsere Helden, sondern wurden zu den Underdogs, den Geächteten und Sozialschmarotzern, ganz gleich, ob gleichzeitig der Geiz in den Konzernzentralen Kriege und Krisen für die eigene Profitmaximierung beschlossen.
Wie wollen wir behandelt werden, wenn wir am schwächsten sind?
Die Habsucht hat das Herz der Gesellschaft verhärtet und uns der Fähigkeit beraubt, uns in andere Menschen hinein zu versetzen. Bei allem was wir tun, geht es stets nur um die Frage: »Was habe ich davon? Wo ist mein Vorteil? Wo bleibe ich?« Wir erkennen weder die Verantwortung gegenüber anderen, noch empfinden wir etwas bei dem Anblick ihres Leides. Wir stellen uns nicht auf die Straße oder bombardieren unsere Politiker mit der Forderung erst dann an das große System zu denken, wenn wir uns um diejenigen gekümmert haben, die schon längst durch seine Maschen gefallen sind. Welche Gnade wollen wir in der Krise erwarten, wenn wir keinerlei Gnade für andere zeigen?
Der einzige Weg die Gesellschaft nicht dem Chaos preis zugeben, wird das neue Erlernen des Mitgefühls und der Empathie sein. Denn wenn wir diese in uns nicht wieder wecken und zum Grundprinzip unseres Miteinanders machen, werden wir irgendwann selbst zum Opfer des Geizes werden. Ohne Mitgefühl zerbricht alles was uns wichtig ist und wir übergeben uns schutzlos den Wirren der Zeit. Kein Mensch, auch nicht der ärmste Schlucker ist niedriger als der Höchstgestellte unter uns. Wenn wir das nicht realisieren, werden wir uns früher oder später in einem sinnlosen Verteilungskampf zerreiben.
Wie lange überlebt eine Gesellschaft ohne Mitleid?
Die Wollust
Es gibt heute fast keinen Bereich der Gesellschaft mehr, die nicht sexualisiert wäre. Natürlich, Sex ist etwas Schönes und sollte keinesfalls verteufelt werden, doch als Gesellschaft haben wir längst eine Grenze überschritten, die das Besondere, das Einzigartige und die Magie der Liebe noch achtete. Kaum eine Werbung, die nicht mit Sex operiert. Kaum eine Publikumszeitschrift, die nicht entweder eine nackte/fast nackte Frau präsentiert oder aber Tipps gibt, wie man noch »sexier« und noch begehrenswerter wird. Selten nur ist hier von inneren Werten die Rede.
Gibt uns die Sexualität die Fähigkeit zu lieben zurück?
Zehnjährige schauen sich Pornos an und wissen gar nicht, dass Sexualität auch mit Liebe zu tun haben kann. Sex ist zur Ware verkommen, eine Ware die wir bieten oder selbst kaufen. Dabei steht sie für die Liebe und Zuneigung nach der sich jeder von uns sehnt. Warum lassen wir zu, dass junge Frauen alles daran setzen, äußerlich attraktiv zu sein, anstatt sich das eigene Innenleben näher anzuschauen?
Wir lassen sie lieber auf Modelmaße abmagern als ihnen zu erklären, dass die Fixierung auf ein perfektes Äußeres lediglich dem Absatz von Produkten dient und mehr Unglück als Glück bringen wird. Sind uns unsere Kinder wirklich so unwichtig, dass wir ihnen nichts Besseres anbieten können als zu Sklaven der Schönheitsindustrie zu werden und ihnen obendrein noch die Einzigartigkeit der Liebe vorenthalten?
Der Zorn
Wir leben im 21. Jahrhundert und scheinen noch immer nichts dazu gelernt zu haben. Wir verhalten uns wie Wahnsinnige, die keine Grenzen kennen, wenn es darum geht, eigene Interessen umzusetzen. Wir setzen uns etwas in den Kopf und dulden keinen Widerspruch, keine Gegenwehr. Wenn diese doch kommt, dann sind wir bereit, uns mit aller Kraft zu wehren. Wir ziehen es vor zu morden (oder morden zu lassen), nur weil wir wirtschaftliche Vorteile davon haben oder einer anderen Gruppe unsere Art zu denken aufzwingen wollen.
Wir sind wütend, wollen Vergeltung und Rache, wenn es anders läuft als gewünscht. Wir nennen die Ärmsten und Unterdrückten dieser Welt Terroristen und versuchen ihrer habhaft zu werden, anstatt uns zu fragen, welche Not sie dahin treibt das zu tun, was gewiss nicht ihr Herzenswunsch ist. Lieber legen wir ihre Länder in Schutt und Asche, anstatt uns die Ursachen anzuschauen.
Wir sind wütend auf die Geknechteten dieser Welt und haben Angst vor ihnen. Kein Gedanke daran, dass unsere Gier eine Ursache für den Zustand ist. Wir haben Jahrhunderte andere Länder überfallen, Menschen versklavt, ihre Bodenschätze geraubt, sie aufeinander gehetzt, sie kolonialisiert, sie in unsere Abhängigkeit gezwungen und ihnen das Leben zur Hölle gemacht. Wir haben irgendwo auf der Welt Kinder unsere Kleidung knüpfen lassen, nur damit wir sie ein paar Cent günstiger kaufen können. Doch anstatt unsere Handeln zu hinterfragen, haben wir nur Angst, Wut und Zorn für sie übrig.
Bringen unsere Kriege zu Erde, Wasser und Luft wirklich Frieden?
Doch nicht nur in den Beziehungen zu anderen Kulturen regiert die Gewalt. Auch in unsere eigene Welt haben Vergeltung und Rachsucht Einzug gehalten. Wir haben zugelassen, dass Keile in unsere Gesellschaft getrieben wurden, die sie nun zu zerstören drohen. Es gibt Zorn zwischen Mann und Frau, Jung und Alt, Besitzenden und Habenichtsen, zwischen Religionen, zwischen Unternehmen, zwischen Ideologien und Meinungen, der Zorn und die Verachtung sind stärker als der Zusammenhalt. Gewalt durchdringt unser Leben, durchzieht alle Bereiche unseres Daseins und ist längst fester Bestandteil unserer Medienwirklichkeiten.
Welche Welt wollen wir unseren Kindern übergeben?
Wie sollen unsere Kinder lernen, dass es noch andere Wege gibt, um Probleme zu lösen, wenn wir es ihnen nicht vorleben? Und sind wir wirklich bereit, nur für unseren Zorn ihre Zukunft aufs Spiel zu setzen? Wir reden schlecht über andere, sind wütend wegen Kleinigkeiten und lassen uns gehen. Tatsächlich, wir sind schlechte Vorbilder, doch in uns schlummert noch immer etwas von dem Ideal, von jenem Archetypus, dem inneren Helden, der uns gemahnt, unser Leben nicht für unseren Eigensinn weg zu werfen und unsere Ängste dem Zorn Preis zu geben. Es gilt die zu bremsen, die die Gewalt verherrlichen oder als Lösung für politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme zu favorisieren. Gewalt hat noch kein Problem langfristig gelöst.
Die Völlerei
Unser gesamtes, von Konsum geprägtes Leben basiert auf dem Prinzip der Maßlosigkeit. Wir kaufen und verkaufen, schachern und wetteifern um Güter, um Produkte und Marken und nehmen uns auch noch wichtig dabei. Wir haben kein schlechtes Gewissen ständig Neues zu wollen, mehr als wir brauchen und mehr als uns satt macht. Wir wollen das Leben feiern und zu einer einzigen Party machen, bis wir begreifen, dass unsere Gefräßigkeit nicht nur die Welt ins Unglück stürzt, sondern auch unser eigenes Leben.
Glauben wir wirklich, dass wir Glück kaufen können?
Wir haben auf Kosten der Welt gelebt und konnten den Hals nicht voll genug bekommen. Beim Schlussverkauf haben wir uns wie tollwütige Tiere auf die Waren gestürzt, gezankt, geknufft, gestritten, nur um unsere Sonderangebote zu ergattern. Wir sehen den hungernden Menschen am anderen Ende der Welt zu, während wir genussvoll in die Chips Tüte greifen. Wir nehmen uns mehr (weit mehr) von allem als wir brauchen. Man muss gar nicht in die USA schauen, um zu sehen, was geschieht, wenn man über seine Verhältnisse lebt. Wir sind auch nicht besser.
Denn bei allem Konsum war es uns ziemlich egal, dass es Menschen unter uns gibt, die kaum etwas zu Beißen auf den Tisch bekommen. Die Krise ist eine Antwort auf unsere Unmäßigkeit, nur das andere schon lange in dem von uns gemachten Elend leben müssen, während wir nur Angst um uns selbst haben. In welcher Welt wollen wir leben? In einer Welt, in der die einen bis zum Hals gestopft sind und andere gleichzeitig in Armut zugrunde gehen? Glauben wir wirklich, dass so eine Welt überleben wird?
Der Neid
Unsere Gesellschaft lebt nach einer materiellen Philosophie, eine Philosophie die die¬jenigen hoch achtet, die mehr haben und diejenigen verachtet, die wenig oder nichts besitzen. Angetrieben durch die Angst nicht genug ab zu bekommen, sind wir bereit, dieses System am Leben zu erhalten und zu unserem Vorteil zu nutzen. Doch wehe, der Nächste hat mehr als wir oder scheint auch nur besser weg zu kommen. Dann ist es vorbei mit Ignoranz und Interessenlosigkeit, denn dann bekommt der Neid Oberhand. Wir fragen nicht nach, ob die Dinge mit denen wir umgeben wirklich wichtig für uns sind. Wir wollen sie besitzen, das reicht. Doch haben wir sie erst, so sind wir schon aufs Neue unzufrieden und wollen mehr, und noch mehr und immer mehr.
Was bringen uns unsere kleinlichen Streitereien wirklich?
Wirtschaftsprinzip funktioniert nur so lange es an unsere Gier, unseren Geltungsdrang und an unseren Neid appelliert. Die Werbung sagt uns, dass wir nichts wert seien, dass unser Leben schlechter sei oder wir zu Outsidern werden, wenn wir das eine oder andere Produkt nicht kaufen. Und wir glauben diesen Unsinn, fallen auf die Suggestion rein und richten uns nach Moden, nach gemachten Statussymbolen und Scheinwelten, in denen wir wer sind – doch nur für einen Moment. Denn sobald der erste Hunger gestillt ist, wird uns neuer gemacht und so läuft es immer weiter.
Es geht nicht darum, ob ein Mensch viel besitzt oder nicht, ob er gewisse Marken trägt, besondere Produkte kauft oder diese einfach nur hortet, um damit anzugeben. Kein Mensch ist besser, nur weil er mehr hat. Viel wichtiger ist, was er aus seinem Leben macht und ob er es schafft, andere Menschen glücklich zu machen und ihnen eine Hilfe zu sein. Wenn wir uns von unserem Neid auf Besitz davon ablenken lassen und sprichwörtlich über Leichen gehen, dann wird uns am Ende nichts nachbleiben, außer dem Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit.
Wenn wir uns von unserem Konsumzwang befreien und den Wert anderer Menschen, wie unseren eigenen auch, daran messen, wie redlich er sich in der Gesellschaft verhält, dann hat der Neid als Antriebsmotor kaum eine Chance. Wenn alle das wollen was andere haben – ob im Kleinen oder im Größen, so wird am Ende für niemanden etwas übrig bleiben.
Die Trägheit
Jeder der genannten Punkte ist geeignet, unser Leben und das der anderen zur Hölle zu machen. Und sie sind zusammen genommen die Ursache für die Krise, in der wir uns befinden, die wir derzeitig nur als Wirtschaftskrise verstehen, obwohl sie vielmehr eine spirituelle Krise, eine Krise des Gesellschaftsgeistes ist. Doch was tun wir? Wir recken die Hälse wenn es um uns geht und sehen weg, wenn wir mit der Not anderer konfrontiert werden. Wir sind faul, feige und ignorant, wenn es um unsere Umwelt geht. Wie können wir uns darüber wundern, dass die Krise uns nun zu fressen droht?
Wann richten wir endlich unseren Blick auf das Wesentliche?
Wir schauen uns die Talkshows an und schimpfen mit. Wir lesen in der Zeitung von neuen sozialen Ungerechtigkeiten und jammern um unsere eigene Zukunft. Doch wenn es um die Gemeinschaft geht, sind wir träge und erbarmungslos. »Sollen doch die anderen selber sehen, wie sie klar kommen!« oder »Die anderen sind doch selbst schuld, wenn es sie trifft…«, sehr viel mehr fällt uns nicht ein. Der am nächsten liegende Gedanke kommt uns dabei nur selten.
Wenn jeder sich nur um seine eigenen Dinge kümmert, dann wird er am Ende alleine da stehen. Unsere Trägheit und Interessenlosigkeit droht uns zum Verhängnis zu werden, nicht sofort und auf einen Schlag, sondern ganz langsam. Diese Ignoranz zeigt am besten, dass wir weder die Dimension der Krise verstehen wollen, noch bereit sind aus ihr wirklich zu lernen. Dabei ist genau jetzt die Gelegenheit und vielleicht letzte Chance dazu.
In welcher Welt wollen wir leben?
Natürlich gibt es Menschen die ganz anders sind und die alles tun, um den Frieden der Gesellschaft zu stärken und sich für andere Menschen, für die Umwelt, für Tier- und Pflanzenwelt einzusetzen. Doch es müs¬sen mehr werden. Es muss zur »Mode« werden, Gutes zu tun und für den anderen da zu sein. Solange wir diesen Wunsch unter dem Begriff Gutmenschentum abtun, treten wir auf der Stelle. Denn einen anderen Weg als die »Heilung« unserer Gesellschaft gibt es nicht.
Niemand ist perfekt und es gibt wohl keinen, der auf dem Weg in die Krise keine Fehler gemacht hätte. Doch wer jetzt noch zögert und noch immer voller Hochmut auf Geiz, Genuss- Sucht, Gewalt, Verschwendung, Neid und Ignoranz setzt, wird keine andere Welt fordern können als jene, die ihm genau das zu bieten hat. In welcher Welt wollen wir leben? Jeder einzelne von hat einen inneren Traum und dieser hat nichts mit den materiellen Dingen dieser Welt zu tun, sondern entspringt dem tief im Herzen verborgenen Wunsch nach Frieden, Liebe und Gemeinschaft.
Wer diese Wünsche lächerlich macht, sie sogar bekämpft oder die daraus resultierenden Ängste der Menschen für seine Zwecke nutzt, gefährdet das Gemeinwohl und letztlich unsere Zivilisation als Ganzes. Ohne eine Besinnung auf diese inneren Wünsche geben wir jenen Menschen die Welt Preis, die uns nichts Besseres als weitere Krieg, Hass und Egoismus als Lösung bieten werden. Egal was sie uns erzählen, an ihren Taten können wir sie erkennen.
In welcher Welt wollen wir leben?
Es lohnt sich, darüber einmal etwas länger nachzudenken.
red. Vachroi-VariAble-Geschichten
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