Knuddel Award 2019 – Laudatio für den CSD Dresden
KNUDDEL Award 2019 Deutscher Ehrenamtspreis der queeren Vielfalt KNUDDEL Award 2019 in der Kategorie „INTEGRATION“
Der CSD Dresden e.V. unterhält seit Dezember 2015 das Projekt „Landeskoordinierungsstelle Sachsen für queere Geflüchtete“. Dass das nicht einfach war, kann sich, so glaube ich hier jeder vorstellen.
Das Jahr 2015 war für unser ganzes Land eine schwierige Zeit im Zeichen der großen Flüchtlingsströme, der unendlichen Hilfsbereitschaft aber auch die andere Seite der PEGIDA-Aufmärsche und dem erstarken rechtsextremer Gruppierungen. In dieser Zeit hat euer Verein großes geleistet und ihr habt euch nicht beeinflussen lassen, sei es durch die Politik oder durch besorgte Bürger.
Der Verein verfolgt das Ziel die Achtung der Menschenwürde zu fördern und verurteilt jeglichen Rassismus und Extremismus in jedweder Form. Die CSD Veranstaltung in Dresden fand erstmals 1994 mit ca.100 Teilnehmern statt. Mittlerweile besuchen weit mehr als 20.000 Menschen den CSD Dresden. Als politische Demonstration, oft mit einem politikbezogenen Motto, zeigt sich der CSD meist in Form von Demonstrationsparaden und einer anschließenden Kundgebung. Oft wird die Kundgebung von Künstlern und Politikern mit Auftritten auf der Bühne unterstützt.
Zusätzlich zur politischen Botschaft des CSD, wird natürlich auch gefeiert. Das Zeichen weltweit ist die Regenbogenfahne. Sie steht in zahlreichen Kulturen für Aufbruch, Veränderung und Frieden, sie gilt als Zeichen der Toleranz und Akzeptanz, der Vielfalt von Lebensformen, der Hoffnung und der Sehnsucht. Schon in den Zeiten der Bauernkriege wurde dieses Symbol dargestellt.
Dieses Feiern des eigenen Lebensstils begründet sich aus dem Ursprung des CSD: Die Beteiligten zeigen oft demonstrativ, dass sie stolz auf sich, ihr Leben und ihre sexuelle Identität sind. Neben der CSD-Parade und den Abschlusskundgebungen gibt es in Dresden häufig ein- bis mehrtägige Straßenfeste und Kulturwochen mit bekannten Künstlern, politischen Veranstaltungen, Vorträgen, Lesungen und natürlich Partys.
Der CSD Dresden e.V. hat das Projekt „QUEER REFUGEES Deutschland“ ins Leben gerufen. Für lesbische, schwule und transgeschlechtliche Flüchtlinge ist die Lage oft besonders dramatisch – nicht nur auf der Flucht, sondern auch nach ihrer Ankunft. Sie haben in ihren Heimatländern wegen ihrer sexuellen Identität vielfach Gewalt erlitten. Diskriminierungen gehen in Flüchtlingsheimen hierzulande weiter. Und auch wenn Homosexualität als Asylgrund gilt, ist die Anerkennung für viele noch sehr schwierig. Aber auch für viele deutsche LSBTI-Bürger ist der Kampf um ihre Rechte noch nicht ausgefochten.
Wer kennt nicht die Bilder und Filme von Särgen, von Toten am Straßenrand, von Menschen, die verletzt im Stacheldrahtzaun hängen oder von den unzähligen errichteten Lagerstätten der Flüchtlinge im alltäglichen Bild vieler Länder. Menschen, die vor Krieg, Hunger, sexueller Unterdrückung und wirtschaftlichem Elend geflohen sind, kommen in ein fremdes Land und werden hier mit unserer Kultur und Lebensweise konfrontiert und sind teilweise nicht in der Lage, diese zu verstehen bzw. auch zu leben.
Dieser Weg der Integration aber auch sexueller Aufklärung wird noch sehr lange anhalten. Unser Verständnis von Lebenskultur und die daraus folgenden emotionalen Ausbrüche bei den Geflüchteten sind vielfach neu und stoßen nicht selten bei vielen Bürgern auf Verwirrung und Ablehnung. All das unter “Kontrolle” zu halten, ist eine Mammutaufgabe, die nur im Miteinander, niemals im Gegeneinander gelöst werden kann! Jeder, der Krieg, Verfolgung und Vertreibung in seiner Heimat entkommen ist und in Deutschland nach Schutz sucht, soll und muss ihn bekommen.
Das ist unsere Verpflichtung an alle, die unterdrückt werden. Das ist gesetzlich garantiert, und es ist vor allem unsere mitmenschliche Pflicht. Wer flieht hat dafür gute Gründe. Dies gilt besonders für lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche und intersexuelle Menschen (LSBTI), die in ihren Herkunftsländern Verfolgung und Gewalt seitens des Staates, der Familie oder der Gesellschaft erfahren mussten.
In über 70 Staaten der Erde droht LSBTI-Personen Gefahr für Freiheit, Leib und Leben. In Deutschland angekommen, ist für viele die Flucht noch nicht vorbei. Zu der existentiellen Unsicherheit, die mit den oft langwierigen und schwierigen Asylverfahren verbunden ist, kommen Erfahrungen von Rassismus, aber auch von LSBTI-Feindlichkeit hinzu. Besonders in Flüchtlingsunterkünften und Integrationskursen scheinen Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen eher die Regel als die Ausnahme zu sein.
Zur Unterstützung der geflüchteten LSBTI-Personen haben sich aus der queeren Szene, aber auch seitens anderer gesellschaftlicher Akteure, in ganz Deutschland eine ganze Reihe von Initiativen gegründet, die psycho-soziale Beratung leisten, die Räume zur Begegnung bieten und geflüchtete LSBTI-Personen während des Asylverfahrens begleiten. Hierbei werden auch immer mehr geflüchtete Personen Teil dieser Initiativen oder bilden erste eigene Strukturen der Geflüchteten-Selbsthilfe.
Das Ziel des neuen Projektes „Queer Refugees Deutschland“ ist es, die deutschlandweit bestehenden Strukturen sowie geflüchtete LSBTI-Aktivistinnen und Aktivisten zu vernetzen und bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Der Verein CSD Dresden spielte hierbei eine Vorreiterrolle für ganz Deutschland. Hierzu wurde auch die bestehende Internetseite „www.queer-refugees.de“ aufgebaut, so dass man auf ihr zahlreiche Informationen und Anlaufstellen vor Ort Online in verschiedenen Sprachen abrufen kann.
So schult und beratet ihr Einrichtungen im Rahmen des Projektes in Bezug auf die Arbeit mit geflüchteten LSBTI-Personen und bietet geflüchteten LSBTI- Anschluss an die zivile Gesellschaft. Dabei vermittelt ihr unbürokratisch an die für die notwendigen Anliegen passende Anlaufstellen in der Nähe. Ihr bietet Unterstützung in außergerichtlichen Rechtsfragen, ihr unterstützt geflüchtete LSBTI-Personen bei der Selbstorganisation und beim Aufbau eigener Netzwerke.
Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, dass ihr nicht nachlasst in euren Bemühungen, für die Rechte aller LSBTI einzutreten. Ich wünsche euch, die sich mit großer Verantwortung für das Wir entscheiden, ein erfolgreiches Gelingen und eine nie versiegende Kraft und Zuversicht!
Laudator/ Knuddelaward 2019
Thomas de Vachroi Armutsbeauftragter Diakoniewerk Simeon Leiter Diakonie Haus Britz Sozialbeauftragter der CDU Neukölln
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