Ruf nach mehr Reformen
Blackrock-Chef Larry Fink erwartet unruhigere Zeiten
Michael Rasch, Davos · Ist die Welt bereit, den Krisenmodus zu verlassen? Beim Weltwirtschaftsforum 2014 konnte man zumindest diesen Eindruck gewinnen, denn es war überall vorsichtiger Optimismus zu spüren. Das galt für Politiker, Zentralbanker und Firmenvertreter aus allen Weltregionen. Bei den Diskussionen ging jedoch oft vergessen, dass viele Probleme noch nicht gelöst oder nicht einmal angepackt sind.
Flexiblere Arbeitsmärkte
Politikern wurde das Leben in den letzten Jahren oft durch die Notenbanken erleichtert, denn letztlich hielten diese das System am Laufen. Das galt vor allem für die Euro-Zone dank Mario Draghis Versprechen, notfalls alles zu tun, um den Euro zu erhalten. Die verbale Intervention des EZB-Präsidenten beruhigte zwar die Märkte und sorgte für eine signifikante Entspannung in der Schuldenkrise Europas.
Doch diese vielleicht erfolgreichste je gesehene verbale Intervention reduzierte zugleich den Druck auf viele Regierungen, endlich ihre Hausaufgaben zu machen und mehr Strukturreformen anzugehen. Zumindest am letzten Veranstaltungstag erinnerten Blackrock-Chef Larry Fink und Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble in einem prominent besetzten Podium zum Ausblick auf 2014 an das Thema.
Der Gründer des weltgrössten Vermögensverwalters verwies darauf, dass es nach den Hilfen der Zentralbanken nun auch nötig sei, politische Massnahmen anzugehen. Im Auge hatte Fink dabei vor allem Flexibilisierungen des Arbeitsmarktes.
Bei Schäuble rannte der Amerikaner damit eine offene Tür ein. Schäuble mahnte auch, man dürfe sich nicht nur auf die Notenbanken verlassen, sondern müsse Reformen angehen. Er verwies darauf, dass sich in Europa zuletzt jene vier Staaten am besten entwickelt haben, die ein Hilfsprogramm beansprucht haben oder noch nehmen.
Diese Hilfe war mit strengen Auflagen verbunden. Irland, Portugal, Spanien und sogar Griechenland hätten grosse Fortschritte gemacht. Schäuble erklärte, alle Massnahmen müssten durch die bestehenden Verträge gedeckt sein. Nicht erwähnt blieb dabei, dass mit der Nichtbeistandsklausel eine der fundamentalen rechtlichen Grundlagen der Euro-Zone längst gebrochen wurde. Ob die EZB das Verbot der Staatsfinanzierung nicht auch schon verletzt hat, darüber kann man zumindest trefflich streiten.
Strukturelle Reformen sind jedoch nicht nur in Europa, sondern in vielen Teilen der Welt gefordert. In Japan, wo die Notenpressen derzeit am schnellsten laufen, wartet man weitestgehend immer noch darauf, dass die Regierung die dringend nötigen Anpassungen in Angriff nimmt. Haruhiko Kuroda, Präsident der Bank of Japan, ist immerhin optimistisch, dass sein Land die inzwischen 15 Jahre währende Deflation überwinden und eine Inflation von 2% erreichen kann.
Es sei zwar noch ein langer Weg, doch immerhin habe sich die Teuerung auf 1,9% erhöht, und die Kerninflation liege mit 0,6% auf dem höchsten Niveau der letzten 15 Jahre. Weitere Strukturreformen erachtet auch Montek Singh Ahluwalia, stellvertretender Vorsitzender von Indiens Planungskommission, als nötig. Warum die Regierung sie bisher nicht angegangen ist, verriet er jedoch nicht.
Von der Geldpolitik abhängig
Ähnlich wie UBS-Präsident Axel Weber befürchtet auch Larry Fink unruhigere Zeiten an den Börsen in diesem Jahr. Die Märkte seien sehr abhängig von der Geldpolitik, und zu viele Anleger würden die gleichen Trades machen. Wenn diese alle mehr oder weniger zeitgleich aufgelöst würden, könnte es zu Turbulenzen kommen. Dies hatte sich schon gezeigt, als die US-Notenbank 2013 signalisiert hatte, über eine Reduzierung des Gelddruckens nachzudenken. Auf die Frage, warum Yen und Euro im Vergleich mit dem Dollar immer noch so stark seien, meinte Fink, der Hauptgrund seien wohl die verschiedenen Runden des «quantitative easing» der US-Notenbank.
Die Flut von frischem Geld schwäche eben die Währung. Nach einer weiteren Meldung aus dem Auditorium im Hinblick auf die Schaffung von Eurobonds oder anderen Vehikeln zur Vergemeinschaftung von Schulden erteilte Schäuble diesen erneut eine klare Absage. Das würde falsche Anreize setzen und wäre das Ende der Reformen in vielen Ländern. Man hätte noch anfügen können: «und würde den Grundstein legen für die nächste, noch grössere Krise in Europa».
red. Vachroi-VariAble-Geschichten 2014
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