Armut und Einsamkeit im Alter!
ARMUT und EINSAMKEIT im Alter – wenn es um Armut und Einsamkeit im Alter geht, outet sich niemand gerne.
Unsere Gesellschaft verfügt über ein in der Geschichte unseres Landes noch nie dagewesenes Ausmaß an Ressourcen, deswegen gibt es kaum eine Entschuldigung, unzureichende Teilhabe und Armut nicht entschieden überwinden zu wollen.
Die Suche nach einem Hausarzt oder einem Facharzt ist immer schon schwierig, ältere Menschen trifft dieses Problem aber oft noch stärker. Sie sind oft multimorbid und gelten als eine zeitaufwendige und anstrengende Patientengruppe.
Die große Zahl derjenigen, deren Rente nur wenig über der Armutsgrenze liegt, kann kaum die notwendigen hohen Zuzahlungen für den Zahnersatz leisten.
Jede 4. Rentnerin und Rentner beziehen eine Altersrente unter 1000 €.
Zahnärzte informieren diese Patienten außerdem selten über die ausreichende Grundversorgung, sondern kommen, symbolisch ausgedrückt, mit dem Mercedes um die Ecke.
Und ausgerechnet bei den von älteren Menschen häufig benötigten Augenärzten treten ebenfalls große Probleme auf. Oft wird schon bei der Terminvergabe massiver Druck ausgeübt, eine „teure“ IGeLeistung wie z. B. eine Glaukomuntersuchung zu akzeptieren. Die Unterversorgung mit Seh- und Hilfsmitteln bringt besonders schwerwiegende Beeinträchtigungen im Alltag der von Armut betroffenen älteren Menschen mit sich.
In vielen Fällen leben die Betroffenen alleine, haben keine handwerklichen Fähigkeiten, oder haben schlicht kein Werkzeug zu Hause. Handwerker sind teuer und kaum verfügbar.
Wenn ältere Menschen aus finanzieller Not gezwungen sind, ihre angestammte Wohnung in dem Stadtteilkiez zu verlassen, in dem sie jahrelang gelebt haben, fehlt ihnen oft jeder nachbarschaftliche soziale Kontakt. Die alten Möbel passen dann oft nicht mehr in die neue Wohnung und neue Möbel können sie sich nicht leisten.
Das vom Sozialamt bezahlte Umzugsunternehmen stellt z. B. die Möbel aus der größeren Wohnung in die kleinere, ohne Rücksicht darauf, ob sie passen oder nicht. Zurück bleiben ältere Menschen in einem Chaos anstatt einem wohnlichen Heim.
Durch das Verlassensein kommt es zur Isolation und nicht selten endet es in schweren körperlichen und seelischen Erkrankungen. In Großstädten wird die Situation dadurch noch schwieriger. Aber auch Gebiete im ländlichen Raum erleben eine versteckte Armut. Junge Menschen verlassen diese Gebiete und lassen dabei Eltern oder Großeltern zurück.
Einsamkeit hat negative Auswirkung auf die körperliche und geistige Gesundheit.
Durch den Wegfall wichtiger Leistungen wie z. B. Verkehrsanbindung, Geschäfte für den alltäglichen Bedarf, medizinische Leistungsangebote kommt es zur regelrechten Vereinsamung aber auch „Verwahrlosung“. Meistens können die älteren Menschen ihren angestammten Wohnsitz nicht mehr aus eigener Kraft verlassen.
Eine kleine und niedrige Rente kann dazu führen, dass kaum noch geheizt wird. Strom, Wasser aber auch lebensnotwendige Nahrungsmittel werden massiv reduziert.
Flaschen sammeln, um zu überleben ist entwürdigend und ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft! Die Rente ist kein Almosen des Staates, sondern eine Versicherungsleistung.
Man kann der Armut und Einsamkeit im Alter gar nicht genug Aufmerksamkeit schenken. Ebenso verhält es sich mit „Kinderarmut“. Sie ist meist die Folge von wirtschaftlicher Not in den Familien oder bei alleinstehenden Müttern und Vätern.
Aus Minderjährigen in einkommensarmen Familien werden oft arme Erwachsene.
Später werden daraus häufig Menschen, die von Altersarmut betroffen sind.
„Im Juni 2023 bezogen demnach bundesweit 691.820 Menschen im Rentenalter Grundsicherung. Das sind 63.250 Menschen mehr als noch im Juni 2022 – ein Anstieg um 10 Prozent innerhalb eines Jahres. Auch in den Jahren zuvor war die Zahl der Grundsicherungsbezieher im Rentenalter angestiegen. RND 05.10.2023″
Die Seniorenvertretungen und Sozialverbände/Kirchen in Stadt und Land verstehen Generationengerechtigkeit und den Kampf gegen Armut und resultierende Einsamkeit als ein Miteinander von Alt und Jung, nicht als ein Gegeneinander der Generationen.
Die „Alten“ wollen nicht auf Kosten der Jungen leben, sondern sie unterstützen auf vielfältige Art und Weise. Das muss man gemeinsam mit den Interessenvertretungen der jungen Generation, einer breiteren Öffentlichkeit nachhaltig bewusst machen.
Thomas de Vachroi
Armutsbeauftragter im evangelische Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz, Kirchenkreis Neukölln/DWS
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