Grüße aus dem Reichstag – eine Persiflage
Tumultartige Szenen, lautstarke Wortmeldungen von Seiten der Linken und Grünen. Gefechtsbereite Redner stehen am Pult und schleudern verbale Blitze in die Runde der hochwohlgeborenen Abgeordneten.
Die Zuschauerränge dicht gefüllt mit illustrem Volk und alle schreien mit. Keiner weiß den Grund. Die Nachbarin schreit- um was geht es denn jetzt. Der Angesprochene antwortet laut – es geht um Rentenkürzungen auf Grund des Sparpaketes. Was? Wieder versteht sie nichts, denn das Hörgerät hat keine Batterie mehr. Sie kann es sich nicht mehr leisten seitdem sie bei der gesetzlichen Krankenkasse versichert ist. Sie schreit wieder – um was geht es denn hier?
Der Nachbar schon leicht genervt sagt – Oma schalt das Hörgerät an.
Aber plötzlich nimmt der Parlamentspräsident die Glocke und läutet so lange bis Ruhe eingetreten ist. Die Abgeordneten warten gespannt auf das was die ersten Redner von sich geben und da kommt es zum erwartenden Geständnis.
Die Regierungspartei gibt bekannt, es muss gespart werden – unser Volk hat über seinen Verhältnisse gelebt und das muss nun grundlegend geändert werden.
Wieder beginnt ein lautes Murmeln und schwillt an zu einem Aufschrei des Volkes. Die obersten Ränge fuchteln aufgeregt mit den Armen und singen lautstark das Lied,
„Völker hört die Signale“.
Das ist dem Parlamentspräsidenten zu viel, er lässt die obersten Ränge räumen schließlich will man unter sich bleiben- das Volk stört nur. Langsam tritt Ruhe ein.
Die Ränge sind leer und die Abgeordneten sind wieder unter sich. Ein Aufatmen geht durch alle Fraktionen. Angeregt plaudert man über die Sitz-
Grenzen der Fraktionen und bekommt gar nicht mehr mit um was es eigentlich geht. Da spricht die Kanzlerin. Das Sparpaket ist ohne Alternative und es muss von allen – aber nicht von uns getragen werden.
Doch hier ein Zwischenruf aus der Grünenfraktion;
Verehrte Frau Bundeskanzlerin, wer sind alle?
Die Kanzlerin schaut in die Runde und lächelt süffisant. Natürlich Herr Kollege meine ich das Volk außerhalb dieser heiligen Mauern. Ach! Da bin ich aber froh sagt der Angesprochene – ich dachte schon, dass wir für die Verfehlungen und für die Gier des Volkes bestraft werden.
Wir haben ja das sparen erfunden, nur die Bevölkerung hat das noch nicht begriffen. Arbeitslose, Kinder und Eltern, Hartz IV Empfänger, Kurzarbeit, Abwrackprämien kosten uns zuviel Geld. Wie sollen wir uns das leisten können!
Die kleine Erhöhung unserer Diäten von 205 € frisst ja die Inflation wieder auf. Womit sollen wir denn unseren Auftrag erfüllen, wenn wir selber eine staatliche Aufstockung benötigen. Es muss für uns anders werden. Das Volk braucht eine Rosskur damit sie wissen, wer WIR sind.
Die Kanzlerin winkt ab und sieht hinüber zum Finanzminister der ziemlich griesgrämig daherschaut. Er spürt den Blick seiner Chefin und lächelt wissend zurück. Er weiß, wie sie es meint.
Die Kanzlerin fährt fort mit ihrer Erklärung. Unser Kriegs -Entschuldigung ich meine den Kriseneinsatz in Afghanistan, müssen wir uns weiter leisten, den Wiederaufbau des Berliner Schlosses verschieben wir bis nach den nächsten Wahlen, die Witwenrenten und die normalen Renten kürzen wir um ein paar Prozentpunkte- das gibt uns Handlungsfreiheit für den Aufbau in Deutschland. Was wir uns dann alles wieder leisten können – ich brauche sowieso ein neues Auto und unsere Büros brauchen neue Farbe. Ich bin froh, dass wir uns so entschieden haben. Man muss dem Volk die Grenzen aufzeigen. Entlastungen brauchen nicht nur Hotels und der Mittelstand. Wir müssen auch unsere Leistungsträger entlasten.
Ein Zwischenruf aus der FDP Fraktion:
Wie meinen sie das, mit den Leistungsträgern sehr verehrte Bundeskanzlerin;
Die Kanzlerin antwortet ruhig und gelassen.
Lieber Kollege, die Leistungsträger das sind wir! Wir arbeiten doch Tag und Nacht für dieses Volk.
Herzliches lachen aus allen Fraktionen. Ist sie nicht toll unsere Chefin skandieren die CDU Abgeordneten. Tosender Applaus.
Die Parlamentsschreiber notieren im Protokoll;
Zustimmung für die Kanzlerin aus allen Fraktionen zum Regierungsprogramm mit Standing Ovations.
©Thomas de Vachroi 2011