SONNTAG – mehr als nur ein Wochentag
Der arbeitsfreie Sonntag ist keine Erfindung von Gewerkschaften oder Kommunisten.
Im Jahre 321 erklärte Konstantin I. den dies solis zum verpflichtenden Feiertag, auch für die Christen und Mithrasanhänger.
Alle Richter und Einwohner der Städte, auch die Arbeiter aller Künste, sollen am ehrwürdigen Tag der Sonne ruhen.
Dringende landwirtschaftliche Arbeit ist bei Konstantin ausgenommen. Dieser gefeierte Tag war bei den Anhängern des Mithraskults, dem überwiegend die römischen Soldaten anhingen, der heilige Tag, den auch die Heidenchristen als Tag des Herrn feierten.
Konstantin konnte mit diesem Edikt also gleich zwei wichtigen Religionen dienen, wiewohl er sich selbst auch auf Münzen als Sol invictus (unbesiegte Sonne) prägen ließ.
Im 17. Jahrhundert kam durch die von den Puritanern beeinflussten Pietisten wieder eine sabbatähnliche Sonntagsheiligung auf, die in den folgenden Jahrhunderten wegen der Industrialisierung immer weniger eingehalten wurde.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts kamen wieder erste Arbeitsgesetze, die die Arbeit am Sonntag einschränkten (z.B. Schweizer Fabrikgesetz von 1877).
Die Weimarer Reichsverfassung legte 1919 in Art. 139 fest: Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Nach Art. 140 des Grundgesetzes von 1949 ist der Artikel der Weimarer Verfassung „Bestandteil dieses Grundgesetzes“.
Der wirtschaftliche Druck durch Maschinen, deren Auslastungszeit möglichst 24 Stunden an jedem Tag der Woche betragen soll, setzt sich sowohl gegen die traditionell-religiösen als auch gegen die sozialen und humanitären Gründe durch. Neuere Arbeitsgesetze lassen für den Sonntag mehr und mehr Ausnahmen zu.
Insofern ist der Sonntag als „großes Kulturgut“ (Reinhard Kardinal Marx) zu schützen, zumal wir die Gestaltung des Lebens immer mehr der „Wirtschaft unterordnen“ (Heinrich Bedford-Strohm) .
Neben dem Judentum und dem Christentum kennt auch der Islam den siebentägigen Feiertagsrhythmus. In vielen islamischen Ländern nimmt der Freitag die Rolle des Ruhetags ein, wobei der Tag früher nicht arbeitsfrei war, sondern nur jedermann der mittägliche Besuch der Moschee ermöglicht werden sollte.
Arbeitsfreier Tag wurde der Freitag in islamischen Ländern im 20. Jahrhundert – analog zum Sonntag in christlichen Ländern. Da auf Arabisch der Sonntag den Namen „yom al ahad“ (erster Tag) trägt, ist diese Bezeichnung als arabisches Lehnwort oder als Übersetzung in den Sprachen der meisten Muslime (Arabisch, Iranisch/Tadschikisch, Tatarisch, Malaiisch/Indonesisch) zu finden.
red. Vachroi-VariAble-Geschichten 2013